YACHTING WORLD, special edition 1986, "20 Years of Nautors Swan"
Eine Yachtwerft 200 Meilen südlich des Polarkreises und 10 Meilen vom Wasser entfernt zu gründen, scheint eine verrückte Idee zu sein, - mit dem Versuch den internationalen Yachtbau im Sturm zu nehmen. Aber das ist es, was der damals 28 jährige Pekka Koskenkylä im Jahr 1966 für sich entschied. Er gründete in seiner Heimatstadt Pietasaari/Finnland eine Werft. Dieser ungewöhnliche Anfang entwickelte sich zu einem Unternehmen, bekannt unter dem Namen Nautor, mit einer Reihe berühmter Swan Yachten.
Koskenkyla wußte, daß einige talentierte und ausgebildete Holzhandwerker in Pietaraari zur Verfügung standen und begann das Unternehmen mit einigen von ihnen in einem umgebauten Holzschuppen. Die Mahagony-Yacht, die sie bauten, wurde an einen begierigen Interessenten gewinnbringend verkauft, noch ehe sie fertig war. Dies verstärkte Koskenkyla in der Annahme, daß ein Markt für hochwertige Serienyachten vorhanden sei. Um die Rechte für den Bau einer 36 Fuß Yacht zu bekommen, trat Pekka Koskenkyla an Rod Stephens heran, der zusammen mit seinem Bruder Olin Stepfens bekannt ist als weltbeste Topdesigner.
Der junge Koskenkylä hatte nun eine Vision. Er kannte den sehr guten Ruf des Konstruktionsbüros Sparkman & Stephens in New York. Mehrfach hatte Koskenkyla S&S angeschrieben, doch Antworten blieben aus. Erst eine telefonische Anfrage in New York ließ Rod Stephens, wegen der Hartnäckigkeit des Finnen, eine alte Zeichnung von 1962 zu einem Besuch nach Finnland mitnehmen. Koskenkylä erfuhr von dem Besuch Rod Stephens in Finnland. Aber einen Termin zu finden war nicht leicht, oder nur zu ungewöhnlichen Zeiten möglich, denn Rod Stephens hatte die Eigenart seine Termine dichtgedrängt an nur einem Tag zu erledigen. So raste Koskenkylä durch Finnland und holte Rod Stephens um 6 Uhr am nächsten Morgen im Palace-Hotel in Helsinki aus dem Bett. Er überzeugte mit seiner Vision so sehr, dass Stephens ihm die mitgebrachte Konstruktionszeichnung einer bereits existierenden 36 Fuß Segelyacht überließ. Es sollte die erste Swan für das junge Unternehmen Nautor werden, gebaut aus dem ganz neuen Material Kunststoff, - fest, leicht und schnell sollten sie werden. Die Konkurrenz nahm den jungen Finnen nicht ganz ernst. Yachtbau in dieser nördlichen Einöde mußte schief gehen.
Die erste Swan überhaupt fand in England ihre ersten Eigner in Mr. Dave Johnson und Mr. Michael Hurell . Verkauft und an den Hafen von Hamble geliefert, führten die stolzen Eigner ihre Gäste über das neue Schiff, man ging dann zum Lunch. Als man nach einiger Zeit zurück kam, war die Yacht verschwunden. Sie war an der Pier einfach abgesoffen. Ein Seeventil war nicht ordnungsgemäß zugeschraubt worden. Zur Cowes-Week 1967 aber fuhr dieses Boot auf 6 Regatten 6 Siege ein und die Seglerwelt horchte auf. Auf den internationalen Bootsmessen war jeder überrascht von der hohen Qualität der Kunststoff- sowie der Holzverarbeitung, die Dank der großen Handwerkskunst der Arbeiter in Pietasaari geliefert wurde. Es sollte ein sehr erfolgreicher Swan-Typ werden.
In 1968, Dave Johnson und Mike Hurell nun Agenten für Nautor in Finnland, kauften die zweite Swan 36. In nur 3 Jahren, bis 1970, wurden 90 Einheiten dieses Yacht-Typs verkauft.
In 1969 kam die Swan 43 von S&S gezeichnet auf den Markt. Hurell und Johnson segelten mit der Swan 43 "CASSE TETE III" als das erste Serienschiff im britischen Admirals Cup Team. Es reihte sich jetzt seglerischer Erfolg an Erfolg. Der Name Nautor war in der Segelwelt plötzlich bekannt.
Während dieser Zeit trat Koskenkyla an die örtlichen Gemeinden heran und bat um finanzielle Hilfe für Grundstücke mit Werfthallen. Seine Gegenleistung war die Verringerung der Arbeitslosenzahl aus dem holzverarbeitenden Gewerbe. Die Gemeinden stimmten zu, errichteten 3 Betonhallen und der Werftherr pachtete die Hallen wiederum von den Gemeinden. Hier konnte die Produktion der Yachten richtig anlaufen, die Luftfeuchtigkeit und Temperatur zur Kunststoffverarbeitung konnte auch im Winter gehalten werden, wenn es draußen minus 40° war.
1969, 2 Wochen vor Weihnachten heulten in Pietarsaari die Sirenen. Die Werft Nautor stand in Flammen. In wenigen Stunden lag alles in Schutt und Asche. Wertvolle Formen und acht Yachten waren vernichtet. Eine Vision war in Flammen aufgegangen.
Zu dieser Zeit hatte Pekka Koskenkyla eine weitere Werfterweiterung im Bau. 3 Monate vergingen, bis die Produktion wieder aufgenommen werden konnte. Trotz des Versicherungsausgleiches, die eben flügge gewordene Werft war in ernsten finanziellen Schwierigkeiten.
Eigentlich war Koskenkylä zu diesem Zeitpunkt am Ende. Doch er ging tapfer zu seinem früherer Arbeitgeber, der privaten Papierfabrik Schauman, und bat um Geld. Die Schauman-Familie griff zu und investierte und hielt somit 51% der neuen modernen Werftanlage. Darüber war ein weiteres jahr vergangen. Koskenkyla wurde Geschäftsführer von Nautor und somit wieder Angestellter der Papierfabrik Schauman. Die Papierfabrik Schauman kannte die Zahlen von Nautor: Unter Koskenkylä: 1968. 2 Mill Umsatz und 1969 6 Mill UmsatzUnter Schauman: 1970 bereits 10 Mill Umsatz, 1971 15 Mill Umsatz , 1972 18 Mill Umsatz. Entsprechen stieg die Zahl der Arbeitnehmer.
Was war das Geheimnis seines Erfolges:
Teil 1: Der Chef Koskenkylä war sich nie zu schade, selbst die dreckigsten Arbeiten zu machen, wenn es nötig war, - oder sich in der Kantine zum einfachsten Handlanger der Werft zu setzen. Auf der anderen Seite war es ein persönliches Anliegen eines jeden Arbeiters auf der Werft, die bestmöglichste Qualität abzuliefern. Die Arbeiter kontrollierten sich dafür gegenseitig. 1971 fuhr man noch über holprige Sandwege kilometerweit durch sumpfige Birkenwälder zu dem Holzschuppen (Werk 1) in dem alles begann. Hier wurden immer noch die Holzmodelle für die GFK Teile gefertigt, so sauber und gut als sei es das Original. Um das Werk 2 standen Stahlgestelle mit den Negativformen vieler Swan-Typen. Es roch stark nach Phenol, denn hier wurden Decks und Rümpfe unter immer gleichen Temperaturen laminiert. Die moderne Absaugvorrichtung hielt das Innere der Halle nahezu geruchsfrei.
In Werk 3, einst eine bankrotte Möbelfabrik, wurden die Einrichtungen für jede Swan gebaut für die diese Yachten weltbekannt wurden. Hier wurden Verblendungen verleimt, Schranktüren aus vielen Furnieren gepresst und Teakholzschotten mit Schleiflack versehen. Mit Nassschleifpapier auf dem Handballen bearbeiten die Tischler penibel jede Holzoberfläche. Insgesamt wurden 8 Lackschichten aufgetragen, mit der Ziehklinge abgezogen werden und immer wieder naß geschliffen bis die Oberfläche den gewünschten Glanz bekam. Es sei hier bemerkt, dass das Teakholz für die Inneneinrichtung aus nur einem Stamm genommen wurde, um exakt nur eine Maserung und Farbton im ganzen Schiff zu erhalten.
1970 zeigte Nautor beispiellose neue Yachtentwicklungen. Swan 36 wurde von S&S über arbeitet, gestreckt, das Unterwasserschiff verringert, der Aufbau modernisiert, - und fertig war die neue Swan 37, dazu kam die 40er und die 55er. Zu dieser Zeit war ein Werk in Kronoby und ein Werk in Kalby ebenfalls mit der Fertigung der Swan-Modelle beschäftigt. Koskenkyla hielt somit an seiner originellen Idee fest, die Fertigung in die Region zu verlegen, wo die meisten handwerklichen Talente verpflichtet werden konnten. Die meisten Arbeiter konnten so von ihren nahegelegenen Wohnungen täglich zu Fuß zur Arbeit gehen.
Erfolgreich blieb es in den 70er Jahren. Die Swan 48, Bau Nr.1, "NORYEMA" gewann das Bermuda-Rennen 1972 und zeigte erstmalig das neuartige keilförmige Deck der Welt. Im Jahr 1973 erhielt die Swan 44 den Boat of the Show Award bei der London International Boat Show. Der nächste Meilenstein war der Regatta-Erfolg der Swan 65 "SAYULA" beim Whitbread Round the World Race im Jahr 1974, aber im gleichen Jahr kündigte sich die Ölkrise an, Rezession und eine Abnahme der Nachfrage teurer Yachten war die Folge. Nicht entmutigt investierte Nautor in eine Anodisierungs-Anlage, um die eigene Mastenproduktion in hoher Qualität zu liefern. In 1975 wurde eine riesige neue Laminierhalle in Betrieb genommen.
Pekka Koskenkyla verließ Nautor in den frühen siebziger Jahren, mit seiner eigenen Swan 65 ging er nach Frankreich, um dort eine Yacht-Agentur zu eröffnen. Jens Rudback wurde die Verantwortung der Beaufsichtigung über die jetzt beeindruckende Produkt-Reihe übertragen, an der Philosophie der Einführung neuer Modelle, Produktlinien und mit unerbittlicher Konzentration auf Qualität weiterhin festhaltend.
Im ersten Jahrzehnt von Nautor basierte die Entwürfe der Serien-Yachten nicht einfach nur auf erfolgreichen Regatta-Yachten, sondern sie waren Regatta-Yachten von vorne herein. Gegen Ende der siebziegher Jahrehatte sich die International Offshore Rule (IOR) zu einem Ausmaß entwickelt, daß es unmöglich wurde, eine Yacht für den doppelten Zweck des Regatta-Segels als auch des Tourensegelns zu entwickeln - und zugleich auf Regatten erfolgreich zu sein. Boote von Sparkman & Stephens wurden deklassiert von den jungen Wilden des Yachtdesigns. Um mit der Zeit zu gehen, verpflichtete Nautor den Topdesigner des Jahres, den neuseeländer Ron Holland. Sein Entwurf die Swan 391 basierte auf seiner erfolgreichen Konstruktion "IMP", war also der direkte Nachkomme der "IMP". Die Swan 441 hatte die Linienführung von den Schwesterschiffen "BIG APPLE" und "MARIONETTE". So einer Regatta-Swan konnte der Yachtname "CASSE TETE" nicht verweigert werden. Dave Johnson segelte mit Swan 441 "CASSE TETE V" für Britannien beim Sardinia Cup 1980.
Ron Holland entwarf im Ganzen 5 Swan-Typen für Nautor, die letzte war eine Swan 43 und eine Swan 102 ft als Einzelbau. Zeitgleich mit Hollands Einstieg in Nautors Designlinie legte Sparkman & Stephens noch einmal ganz groß nach. Was für ein Abgang. Ihr letztes Schiff für Nautor war eine Swan 76,m die größte Serienyacht zu der zeit überhaupt und mit 5 abgelieferten Yachten erfolgreich dazu. Insgesamt zeichnete S&S 15 Swan-Typen und 3 Motorsegler für Nautor.
Nach dem Einstieg von Ron Holland in den Yachtdesign, der argentinische Yachtkonstrukteur German Frers wurde verpflichtet das obere Ende zu modernisieren. Sein Beitrag waren die Swan 46, 51, 59, 61 und 651. Zum 20jährigem Bestehen von Nautor war ein besonderes Boot geplant.
Mit der nachlassenden Nachfrage in den 80er Jahren und dem Wettbewerb zwischen den Bootswerften, verließ Nautor den bisherigen strikt eingehaltenen Standpunkt des Standard-Serienbaus. Eignern war es nun erlaubt mehr Möglichkeiten und Anpassungen im Ausbau und sogar Änderungen in der Heckform.
Olle Emmes ersetzte 1983 Jens Rudback als General-Manager. Er entwickelte ein Verfahren der strukturierten Möglichkeit, die einem Eigner erlaubten Innenausbau, Rigg und sogar Rumpf und Kielformen zu bestimmen, ohne den Produktionsablauf zu unterbrechen, der immer das Herz von Nautor war.
Nautor besaß eine unvergleichliche Produktionsstätte ausserhalb der Stadt Pietasaari. Von dem kleinen angemieteten Dock nahe der riesigen Holzfabrik der Muttergesellschaft, der Hauptfabrik in Kalby, über Kronoby mit der Tischlerei bis hin zur Schalenbaufabrik in Larsmo, produzierte man alle wichtigen Teile selbst. Es gab Arbeitsbereiche zur Herstellung der Edelstahl-Teile, Laminieren großer und kleiner Bauteile, Mastbau, Zusammenbau der Inneneinrichtung, selbst eine technische und konstruktive Abteilung ist hier, um das Montageteam mit Informationen bei Änderungen und Sonderanfertigungen direkt unterstützen zu können.
Nautor rühmt sich selbst für seinen Kundenkontakt. Ein Agentennetz erstreckt sich (1986) über 20 Länder, kontrolliert durch den Verkaufsdirektor Ingmar Granholm. Informationen und Verkaufskontakte waren durch dieses Netz sichergestellt, aber vielleicht noch wichtiger ist der Rücklauf von den Kunden über die Agenten bis zur Werft zu Fragen der Entwicklung, Ideen und Service-Informationen. Ingmar Granholm wertschätzte die Informationen auf diesem Wege und er hatte großen Respekt vor der Integrität und Erfahrungen der Agenten. Auf diese Weise wurden Wünsche der Kunden auch nach neuen Swan-Typen an die Werft herangetragen.
Unterstützung der Kunden im Servicebereich durch die Agenten steht an erster Stelle. Sie sind angewiesen Unterstützung zu geben, aber es gibt für Reparaturen ein Netzwerk passender Yachtwerften. Wie auch immer, der technischer Direktor der Firma ist Lars Ström. Unter der Hand gesagt, ein Mann, dessen Respekt vor Maschinen sich zeigt, indem er seinem Automotor einige Minuten Aufwärmzeit gibt, bevor er losfährt, so einer ist Lars Ström. Er weiß alles, was wert ist zu wissen über jedes Produkt von Nautor.